Über zwei Jahre mussten die Zuschauer nun auf Daniel Craigs fünftes und letztes Abenteuer als Agent mit der Lizenz zum Töten warten, weil der Starttermin pandemiebedingt ständig verschoben wurde. Nach zwei erfolgreichen Teilen von Sam Mendes ist es nun Cary Joji Fukunaga, der für den Abgesang auf den Regiestuhl Platz nimmt. Ob sich der Abschied von Craig als 007 lohnt, erfahrt ihr nun in unserer Kritik.
Während sich James Bond (Daniel Craig) aus dem zwielichtigen Doppelleben zurückgezogen hat und mit Gefährtin Madeleine Swann (Léa Seydoux) das Paradies genießt, gibt es plötzlich weitere Anzeichen der Untergrund-Organisation Spectre, die von Ernst Blofeld (Christoph Waltz) aus dem Hochsicherheitsgefängnis geleitet wird. CIA-Agent Felix Leiter (Jeffrey Wright) bittet Bond um seine Hilfe, der schließlich auch einwilligt. Während das MI6 davon nicht begeistert ist und die 007-Nachfolgerin Nomi (Lashana Lynch) auf ihn ansetzt, bekommt es Bond mit Lyutsifer Safin (Rami Malek) zu tun, der eine neuartige Viruswaffe auf die Menschheit loslassen möchte. Und weitere dunkle Geheimnisse der Beteiligten gilt es noch zu klären…
Sam Mendes hat in seinen beiden Vorgängern Skyfall und Spectre eine Ernsthaftigkeit in die James Bond-Reihe gebracht, die sich nicht nur in der grimmigen Mine von Daniel Craig widerspiegelte, sondern insbesondere in der inszenatorischen Raffinesse und der Bildgewalt zahlreicher Locations rund um den Globus. Während sich Fukunaga dieser brachialen Optik bedient (sie aber nicht immer erreicht), verbindet er dies mit dem Charme, Humor und der Liebe zu ausgeklügelten Gadgets vergangener Bond-Abenteuer. Der Regisseur belässt es meist nicht bei zahlreichen Anspielungen, beispielsweise im Cold Opening zitiert er sogar Im Geheimdienst Ihrer Majestät und zeigt, dass er mit besonderer Sorgfalt und gesundem Fantum an dieses Franchise herantritt.
Mit einer Laufzeit von 163 Minuten ist Keine Zeit zu sterben der längste Bond-Film aller Zeiten und das merkt man auch. Zwar gibt es immer wieder üppig inszenierte Set-Pieces, ständig wechselnde Locations und rasante Schlagabtausche, aber die Geschichte, die der Film erzählt, kann dieses Tempo nicht mitgehen und so schleichen sich zahlreiche Lückenfüller ein, die die Dynamik zwar nur bedingt verschleppt, aber auch mit Fragezeichen im Kopf zurücklassen. Am positivsten trägt dies am ehesten für die Entfaltung der Charaktere dabei: Die MI6-Beteiligten M (Ralph Fiennes), Q (Ben Whishaw) und Eve Moneypenny (Naomie Harris) harmonieren als Team ganz wunderbar und erinnern damit an die gelungenen Mission Impossible Filme der letzten Jahre. Anhand von Lashana Lynchs Rolle erkennt man das Überarbeiten des Drehbuchs von Phoebe Waller-Bridge, denn die 007-Konkurrentin glänzt mit einigen energischen Aktionen und kann sogar als Augenzwinkern auf die oft diskutierte Bond-Nachfolge verstanden werden. Auch Ana de Armes erhält einen charmant-humorvollen, wenn auch recht kurzen Auftritt.
Melodram und verschenkte Figuren
Negativ sticht personell vor allem Bond-Bösewicht Lyutsifer Safin auf. Zwar hat Rami Malek generell verhältnismäßig wenig Screentime, die Motive für das Schaffen seinerseits werden mühselig in einem knappen Prolog eingeführt. Es wirkt nicht so, als würde es Fukunaga zu irgendeiner Zeit im Film interessieren, was mit dem Widersacher passiert. Der Fokus liegt hier sowieso auf der Romanze zwischen James Bond und Madeleine Swann, die sich immer wieder mit Blicken suchen und zwischendurch fliegt dann auch mal etwas in die Luft. Es mag an dem gesamten Franchise liegen oder die maskulin aufgeblasenen Welt gibt schlichtweg nicht mehr her, aber verkaufen lässt sich diese Liebesgeschichte leider sehr schwer.
Ähnlich schwer fällt dieses Unterfangen Daniel Craig selbst, der sich aus seiner Komfortszene herausgeben muss. Zwar gab es in Casino Royale und den darauffolgenden Teilen mit Vesper eine ähnlich tragische Entwicklung, aber muss sich der Hauptdarsteller nun mit dicker aufgetragenen Emotionen beschäftigen. Und gerade durch die Verbindung zu den anderen Teilen im Universum wirkt auch diese Darbietung affektiv und wenig authentisch.
Fazit
JAMES BOND 007: KEINE ZEIT ZU STERBEN ist ein langer und freudiger Abgesang auf die Ära Daniel Craig und kann vor allem mit einem harmonierenden Cast, einigen toll choreographierten Actionszenen und Fukunagas Spaß am Franchise punkten. Die melodramatische Liebesbeziehung hingegen möchte nur stellenweise funken, wodurch auch die blassen Gegenspieler Bonds nur oberflächlich Beachtung finden.
James Bond 007: Keine Zeit zu sterben startet am 30.09. in den deutschen Kinos.