Jetzt im Kino: A Ghost Story Die lebhafte Welt durch die (toten) Augen eines wandelnden Bettlakens

Habt ihr euch jemals gefragt, wie die Welt durch die Augen eines Geistes aussehen mag? Einer klischeehaften, in Bettlaken gehüllten Gestalt, die nur zwei ausgeschnittene Löcher als jene erwähnte Augen besitzt. So lächerlich diese Vorstellung auch klingen mag, haben sich die Macher von A Ghost Story dieser doch gewidmet. Ob sich der Kinobesuch für dieses chiffrierte Spukspektakel lohnt, erfahrt ihr nun aus erster Hand.

Wie es der Titel bereits verrät, erzählt A Ghost Story die Geschichte eines Geistes. Doch bevor es überhaupt einen Geist gibt, wären da C (Casey Affleck) und M (Rooney Mara), ein junges Paar, das ein friedliches Leben in den ländlichen Weiten von Texas führt. Während der Musiker C seinen Job von Zuhause aus erledigen kann und mit seiner aktuellen Lebenssituation zufrieden ist, zieht es seine Lebensgefährtin innerlich zum Großstadtleben. Eine unausgesprochene, aber spürbare Spannung füllt die Leere des kleinen Hauses, in dem die beiden wohnen. Als dann C eines Tages bei einem Autounfall stirbt, wird M kurze Zeit später gebeten, seinen Leichnam zu identifizieren. Nachdem M als letzte Person den Raum verlässt, erwacht der titelgebende Geist zum Leben und nimmt uns mit auf eine Reise ins Ungewisse.

Bettlaken mit philosophischem Gehalt

Diese Reise, die von Regisseur David Lowery realisiert worden ist, ist jedoch eine zeitliche und keine räumliche, denn der Geist ist an den Ort seines vorherigen Lebens gebunden und zwar sein Haus. Nachdem er in ebendieses Haus zurückgekehrt ist, durchlebt er spirituelle Erfahrungen, die uns mit Fragen zu Phänomenen rund um Zeit, Jenseits, Trauer, Liebe, Verlust und Vermächtnis konfrontieren. Dies geschieht sehr langsam, in einem nahezu trägen Pacing.

Die Einstellungen sind überwiegend statisch und endlos lang. So sehen wir beispielsweise minutenlang, wie Rooney Mara auf dem Boden sitzt und isst, während der Geist ebenso bewegungslos wie die Kamera am Bildrand steht. Minutenlang nur das selbe Bild, minutenlang nur das Geräusch der Gabel, die auf den Teller trifft und das Schmatzen der Frau. Und bis auf einige wenige Szenen wird kaum ein Wort in dem Streifen gesprochen. Dialoge existieren quasi gar nicht, schließlich geht es um einen Geist. Es mag paradox klingen, aber ebendiese audiovisuelle Stille sorgt dafür, dass manche Szenen derart langatmig und bedeutungslos wirken, dass sie auf einer anderen Ebene an Bedeutung gewinnen.

Wie im Wartezimmer

Die langen Einstellungen sind zumindest optisch immer recht ansehnlich. Aufgrund der enorm reduzierten Bewegung ist das Schauen des Films allerdings häufig vergleichbar mit dem Betrachten eines Gemäldes. Viele Szenen, wie etwa der Autounfall zu Beginn, werden nicht in ihrer Gänze gezeigt, sondern nur in einem Bild, welches übrigens durchgehend dem 4:3 Format entspricht. Wir als Zuschauer müssen dann den Rest zusammensetzen. Lowery schreibt uns eine Art Autorenfunktion zu, die vor allem gegen Ende der Handlung sehr viel Spielraum für subjektive Interpretation bietet. Alles ist auf eine sehr rätselhafte Weise verschlüsselt und wartet auf eure Dechiffrierung. Um an diesen Punkt zu gelangen, muss vorher aber ziemlich viel Sitzfleisch bewiesen werden. Auch wenn das ganze Wechselspiel zwischen Jenseits und Diesseits nur 92 Minuten dauert.

Sein oder Nichtsein, macht keinen Unterschied

Was die Darsteller betrifft, so fühlt sich das Ganze tatsächlich geisterhaft an. So schnell Casey Affleck auf dem Bildschirm erscheint, so schnell ist er auch wieder verschwunden. Denn der Darsteller unter dem weißen Laken war aus Kostengründen wohl ein anderer. Und Rooney Mara darf nach dem Ableben ihres Geliebten einmal die trauernde Lady spielen und verduftet dann auch mehr oder weniger aus dem restlichen Geschehen. Die Performances sind nicht wirklich übel, doch scheint es so, als hätte man hier einfach nur zwei große Namen eingekauft, für zwei Rollen, die auch jeder Setrunner hätte übernehmen können.

Was den Geist betrifft, so macht er einen soliden Job. Die subtile Gestalt schafft es immer wieder gewisse Gedanken heraufzubeschwören, obwohl ihr die Vorzüge von Gestik und Mimik verwehrt bleiben. Teils wirkt sie sogar humorvoll, wenn sie beispielsweise super langsam ihren Kopf in Richtung der Zuschauer dreht. Als hätte Lowery ein kleines Augenzwinkern eingebaut, bei dem man sich nie ganz sicher sein kann, ob es jetzt ernsthaft humorvoll intendiert ist oder nicht.

Fazit

A Ghost Story ist ein spezieller Film, der sich in einem Bereich abseits des Mainstream-Kinos bewegt. Wer Lust auf ein ruhiges und philosophisches Kinoerlebnis hat und vor allem eine Menge Geduld mitbringen kann, dem sei der Streifen empfohlen. Alle anderen werden bei dem geisttötenden Geplänkel wohl früher oder später im Kinosessel einschlafen.

A Ghost Story startet am 07. Dezember 2017 in den deutschen Kinos.

 

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